„Dann hat er sein Kind nie wirklich geliebt ?“
Aspekte der Erschöpfung
2016-03-08
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Deutschland. Markus Seefeld (Name von der Redaktion geändert) ist ist kein „Neuling“ unter den Kämpfern. Im Gegenteil. Er ist einer von hunderttausend Vätern, der um den Zugang zu seinen Kindern kämpft, kämpfen musste, gekämpft hat, weil die Mutter seines Kindes alles Erdenkliche in die Wege leitete, um die Bindung zwischen Kind und Vater zu stören. Die Tochter von Seefeld ist in der Zwischenzeit 13 Jahre alt. Gesehen hat er sie zum letzten Mal Weihnachten 2015.
Herr Seefeld, Sie teilten ARCHE mit, dass Sie aufgehört haben, um Ihr Kind zu kämpfen. Ist das nicht eine erschütternde Aussage? Was liegt einem solchen Entschluss zugrunde?
Zermürbungsmethode: Jeden Tag um das eigene Recht streiten
Um zu verstehen, warum ein Vater den Kampf einstellt, muss man ganz individuell die Beweggründe analysieren. Diese Mühe werden sich jedoch die wenigsten Menschen machen. Das Umfeld neigt eher dazu vorschnell über eine solche Entscheidung zu urteilen, um es sich selbst einfacher zu machen. Der Satz, „dann hat er sein Kind nie wirklich geliebt“, wird dem ein oder anderen Betroffenen bekannt vorkommen.
In meinem persönlichen Fall – und danach wurde ja hier gefragt – würde ich die Entscheidung als Resignation einstufen. Nach 10 Jahren privatem und juristischem Kampf um den Bindungserhalt zu meinen beiden Kindern, fehlt mir in erster Linie die Kraft. Auch die große Sehnsucht nach eigener Ruhe und nach Frieden obsiegt irgendwann. Das ist ein normales, menschliches Bedürfnis – ist das nicht vorhanden, würde ein solcher Kampf in der Tat krankhafte Züge annehmen. Der alte Spruch, „… der klügere gibt nach.“ hat durchaus seine Berechtigung.
Ohne diesen Kampf hätte ich bereits vor vielen Jahren den Kontakt zu meinen Kindern verloren. Ich musste in fast jedem Jahr – nach der Trennung 2006 – um den Umgang vor Gericht streiten und dementsprechende Anträge stellen. Ein Umzug der Kinder hat das natürlich noch erschwert, da ein neues Gericht und auch ein neues Jugendamt keinerlei Interesse an der Vorgeschichte hat, man fängt also wieder bei Null an.
Wie schmerzhaft ist der Bindungsverlust ?
Langzeitmethode: Trennungsschmerzen aushalten
Verlustängste hat man vom ersten Tag der Trennung an. Solange man jedoch Kontakt zu seinen Kindern hat, der auch regelmäßig stattfindet, lindert das natürlich die Bedenken. Man hat aber in einem hoch strittigen Fall – wie diesem – bei jeder Rückgabe das Gefühl, das kann das letzte Mal gewesen sein. Nach Aussagen der Mutter sei mein Sohn – der schwerbehindert ist – bei mir immer in ‚Lebensgefahr‘ gewesen. Und meine Tochter ‚leide‘ unter dem Umgang mit mir. Vor Gericht kam sie damit im Grunde nie durch.
Nun hat die Mutter jedoch meine Tochter so viele Jahre negativ manipuliert, dass meine Tochter entschieden hat den Kontakt komplett abzubrechen. Ohne Angabe von Gründen und ohne Vorwarnung. Mitgeteilt wurde mir das in 5 Minuten auf einer Erziehungsberatungsstelle, die diese Inszenierung nicht nur vorangetrieben hat, sondern sich auch als Unterstützer zur Verfügung gestellt hat. Meine Tochter hat sich nicht einmal mehr von mir verabschiedet.
Ich glaube, ich muss nicht betonen, wie schmerzhaft das ist. Natürlich denkt man auf der Rückfahrt über alles möglich nach – auch über all die ‚verlockenden‘ Bäume am Straßenrand und die Brücken unter denen sich der (vermeintlich) ‘rettende‘ Abgrund auftut. Da ich aber meinen Sohn – nach erneutem Druck – weiterhin sehen darf, ist das keine Option. Und es fällt einem natürlich auch ein, dass man noch ein Leben neben den Kindern hat, das es allemal wert sein muss, durchzuhalten.
Woher nahmen Sie die Kraft einen Kampf gegen eine Justiz, gegen ein ganzes Land aufzunehmen, das (wissentlich) die Bindungen zwischen Vätern und ihren Kindern (durchaus auch zwischen Müttern und ihren Kindern) massiv stört, teilweise unterbindet oder ganz zerstört?
Personalmethode: Ausgeruhte und bezahlte Menschen auf die ausgemerkelten Kämpfer ansetzen
Sie meinen mein Engagement in der Arbeit mit Trennungseltern? Diese füng Jahre haben mir über vieles hinweg geholfen. Ich habe tolle Menschen getroffen, aber auch viel Leid durch die Thematik miterlebt. Aus hunderten von Gesprächen mit Betroffenen und Fachkräften lernt man natürlich auch viel über sich selbst und seine eigene Wahrnehmung. Kleine Erfolge aber auch Rückschläge durchzogen diese Zeit. Heute weiß ich, dass in Deutschland einiges ins Rollen kam, was die Situation für Trennungskinder und –eltern erleichtern wird, auch wenn es noch ein paar Jahre dauern kann. Ich habe Mitstreitern immer wieder gesagt, wir tun das alles nicht für uns, sondern für die nächste Generation. Das haben die wenigsten verstanden. 90% waren nur so lange aufmerksam, solange es sich um sie und ihren Fall drehte. Die Kämpfernatur steckte schon immer in mir. Auch mit einem schwerbehinderten Kind lernt man zu kämpfen. Es fällt mir nicht schwer gegen Ungerechtigkeiten anzukämpfen, es ist meine Natur.
Nicht das Land oder die Justiz zerstört Familien. Man sollte von diesen Pauschalisierungen weg kommen. Es sind immer Einzelentscheidungen von Politikern oder Richtern oder von sogenannten Professionen, die über Schicksale entscheiden. Und da gibt es wie überall nun mal den „human Factor“ – sprich menschliches Versagen. Das System krankt an seinen Organen. Ich wollte der sein, der eine Medizin bereithält. Ich musste aber sowohl in der Arbeit als auch im Privaten feststellen, dass man Beratungsresistenz nicht aufbrechen kann.
Wünschten Sie sich denn, dass diese „Beratungsresistenz“ – vielleicht gezielter als ‚Ignoranz der vermeintlich besserwissenden Fachkräfte‘, die bei Trennung und Scheidung mit ‚Operieren‘ ihr Geld verdienen, ausgedrückt – bereits aufgebrochen wäre ?
Polarisierungsmethode: Rekrutierung eines Gewinners und Verlierers
Natürlich würde ich mir das wünschen. Natürlich muss man das System auch verstehen und lesen können. Ich habe es in den zehn Jahren nie als „neutral“ wahrgenommen. Es ging auch nie wirklich um das Wohl der Kinder, sondern immer nur darum, dass man möglichst einen Gewinner und einen Verlierer generiert. Gewinner sollte der sein, bei dem die Kinder sich überwiegend aufhalten. Den Verlierer sollte man so weit von allem fernhalten, wie das notwendig ist, wenn man den Arbeitsaufwand bei Trennungseltern gering halten möchte.
Ein Beispiel: Schon vor ca. zwei Jahren hatte meine Tochter kleinere Probleme in der Schule, weswegen die Mutter sich an eine besagte Erziehungsberatungstelle wendete. Die Ursache war schnell gefunden: Es musst etwas mit dem Umgang mit dem Vater zu tun haben. Nur erneute Anträge bei Gericht verhinderten schon da einen Kontaktabbruch. Als sich das jetzt im Januar erneut ankündigte, richtete ich erneut eine Anfrage – mit der Bitte um Hilfestellung – an das Jugendamt. Hier die Antwort:
„Sehr geehrter Herr Seefeld,
da Sie in der Erziehungsberatungsstelle E. angebunden sind, bitte ich Sie sich an diese zu wenden um Ihren Umgang zu regeln. Dies ist konkret die Aufgabe der Erziehungsberatungsstelle. Ich bin seit März 2014 nicht mehr zuständig, da zu diesem Zeitpunkt die Gerichtshilfe beendet wurde. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ein erneutes Gerichtsverfahren wieder eine Belastung für Ihre Tochter darstellen wird.“
Zerstückelungsmethode: Vater seiner Rechte immer mehr beschnitten
Jeder juristisch Bewanderte erkennt hier sofort die Fehlinformation. Das Jugendamt ist IMMER zuständig, wenn sich Eltern oder Kinder hilfesuchend an das Amt wenden. Das Jugendamt kann sich dieser gesetzlich geregelten Verpflichtung auch nicht entziehen oder diese auf dritte abwälzen – das kann nur ein Gericht.
Die Gesetzeslage erklärt eindeutig, dass bevor ein Umgangsantrag bei Gericht gestellt wird, man diesen nur annimmt, wenn zuvor eine außergerichtliche Einigung über das JUGENDAMT versucht wurde – erst danach ist ein Antrag zulässig. Man hat mich als Vater also bewusst (oder unbewusst) meiner Rechte beschnitten. Es wäre eine Steilvorlage gewesen, hier gegen das Jugendamt vorzugehen. Aber auch dafür fehlt mir inzwischen die Kraft.
Auf der Erziehungsberatungsstelle ging es dann nur noch darum, dass meine Tochter mir in einem Satz sagen sollte, dass sie nicht mehr kommen möchte, was – wie sich inzwischen herausstellt – auch den kompletten Kontaktabbruch bedeutete. Begünstigt, unterstützt, begrüßt vom Jugendamt und der EBST.
Mein Groll richtet sich da nur bedingt gegen die Mutter. Diese hat in den zehn Jahren nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie den Umgang nicht befürwortet. Eine Begründung für den Umgangsausschluss gab es nicht.
Selbsterfüllende Prophezeiungs-Methode
Ein Satz blieb mir aus der letzten Verhandlung noch im Gedächtnis – da war meine Tochter 11. Der Mutter wurde wegen ihrer wiederholten Entfremdungsversuche ein Ordnungsgeld angedroht mit dem mündlichen – fast beiläufigen – Schlusssatz des Richters „Mit 12/13 erledigt sich das meist von alleine.“
Dieser Satz hat sich nun bewahrheitet – warum wohl !?
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ARCHE: „Es gibt noch weitere ‚Methoden‘ (Isolation, Schuldzuweisung, Projektion, Profit, Macht etc.), die angewandt werden, den liebenden Beziehungskontakt zwischen Vätern und Kinder oder Müttern und Kindern zu zerstören.
Wir werden diese in einem nächsten Interview mit Vater Seefeld kennenlernen !
Und das ist pervers in unserem Staat:
Von all diesen ‚Methoden‘ sind Eltern, Großeltern, Geschwister, alle Familienmitglieder und Freunde betroffen, wenn sie ‚Hilfe‘ suchen, um eine Beziehung zu einem Trennungs- und Scheidungskind erhalten zu wollen.“