Dritter Prozesstag am Landgericht zu Kaiserslautern in der Strafsache „Karibik“. Es geht um die Berufungsverhandlung von Matthias Engl. Hier soll sich der bisher unbescholtene Angeklagte aus Kaiserslautern wegen angeblicher Kindesentziehung seines damals 5-jährigen Sohnes vor dessen Mutter verantworten. Am Montag, den 21. Juli 2014, wurden weitere Zeugen vernommen, die zur Aufklärung des Sachverhaltes „Entziehung oder Nothilfe gegenüber dem kranken Sohn“ beitragen sollten.
Handelt es sich hier wirklich um die Entziehung Minderjähriger ?
Am dritten Verhandlungstag wurden im Falle Matthias Engl weitere Zeugen vernommen, zuerst der Polizist M. . Er hatte eine Anzeige und Vermisstenmeldung der Mutter, Frau E., aufgenommen.
Am 16.10.2009 (Freitag) habe der Angeklagte ihr kurz mitgeteilt: „Wird später“. Damit war wahrscheinlich die Übergabe des Kindes nach Umgang mit dem Vater gemeint. Der Polizist bestätigte die schriftliche Fassung der Anzeige v. 21.10.2009. Frau E. war erregt.
Dass sie einen Strafantrag gestellt hatte, konnte der Polizist nicht bestätigen. Am 17.10.2009 habe Frau E. von der Abmeldung des Angeklagten und des Kindes erfahren.
Sodann wurde die Aussage des Kindes verlesen: in Jamaika sei Frau M. einmal gewesen, in der Dominikanischen Republik zweimal, der Sohn habe immer nach der Mama gefragt, der Angeklagte habe eine Freundin namens Susanne (Name von der Red. geändert) gehabt, sie hätten auch zu dritt in einem Bett geschlafen.
Der pensionierte Anästhesist Sch. sagte bei seiner Vernehmung, dass er den Angeklagten seit 2007 kenne, der Sohn habe immer gern mit dem Hund gespielt. Der Arzt war kurz vor der Genesungsreise in die Karibik Zeuge eines Ferngesprächs zwischen dem Angeklagten und einer Frau, das wegen eines technischen Defekts am Fernsprechgerät nur auf Mithören gestellt werden konnte.
In dem Gespräch meldete der Angeklagte, dass er mit dem Sohn bei einer Ärztin war, die seinen Aufenthalt in einem warmen Seeklima empfohlen habe, und dass der Angeklagte deshalb einen drei- bis vierwöchigen Urlaub im warmen Süden plane. Darauf habe Frau E. gesagt: „Na, dann mach‘ mal!“
Der Zeuge Sch. zeigte sich noch heute verwundert darüber, wie sachlich und verständnisvoll die beiden getrennt lebenden Eheleute miteinander kommunizierten und habe dies lobend gegenüber dem Angeklagten erwähnt. Die Stimme Frau E.’s habe rauh geklungen, was der Arzt als Folge starken Rauchens habe erkennen können. Die Atmungsstörungen (Dyspnoe, ggf. Apnoe) des Jungen habe er aus den Geräuschen beim Einatmen bestätigen können, und er hätte im Falle einer Operation eine Narkose bei ihm abgelehnt. Der Zeuge hatte bis 2007 in einem Krankenhaus als Anästhesist praktiziert.
Die sodann vernommene Zeugin M. wurde auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verlobte des Angeklagten hingewiesen, nicht aber auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 55 StPO. Sie sagte aus, dass Frau E. die Umgangsvereinbarungen nicht einhielt, weil sie für den Jungen des öfteren irgendwelche anderen Veranstaltungen und Vorhaben plante, die dann mit der Umgangszeit des Angeklagten kollidierten. Frau M. war mit dem Angeklagten seit Dezember 2008 liiert. Sie konnte die nächtlichen Atemaussetzer des Jungen bestätigen, auch verschiedene Besuche in Krankenhaus und beim Hausarzt. Vom 9. bis 16.10.2009 hatte der Angeklagte seinen Sohn bei sich zum Umgang. Am Mittwoch waren beide bei der Kinderärztin. Die festgestellte Kehlkopfentzündung des Kindes war vermutlich die Folge seines Passivrauchens. Die Ärztin empfahl ein warmes Seeklima zur Genesung. Frau M. leistete keinen Beitrag zur Karibikreise, außer dass sie den Angeklagten und seinen Sohn zum Flughafen fuhr. Frau E. habe zuvor die Konten des Angeklagten gepfändet, so dass der Vater Frau M.’s Kreditkarte erbat. Die Flugbuchung mit dieser Kreditkarte wurde aber storniert.
Frau M. hat am 19.10.2009 die Abmeldung des Angeklagten und des Sohnes bei der Bürgerstelle abgegeben. Es war ihr zu der Zeit unklar, wohin der Flug ging, möglicherweise nach Norwegen. Der Abflug erfolgte am 16.10.2009 nachmittags. Es gab eine Verbindung mit dem Angeklagten über Skype, aber nicht über E-Post. Frau M. führte ein elektronisches Tagebuch, aus dem das Gericht zitierte, obwohl es als höchstpersönliches Dokument grundsätzlich unverwertbar ist. Frau M. war darüber sehr ungehalten, erbat eine Auszeit von fünf Minuten und erklärte dann, dass sie zur Wahrung ihrer Menschenwürde zum Tagebuch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch mache. Auch der Verteidiger wies auf die Unverwertbarkeit von Tagebucheinträgen hin. Das muß auch für ein elektronisches Tagebuch gelten. Die Absprache zu den Reisen Frau M.’s erfolgte über ein Ferngespräch, in dem der Angeklagte den Treffpunkt Flughafen vorschlug und vereinbarte. Frau M. stellte bei ihren Aufenthalten fest, dass der Junge gut und gesund aussah. Der Angeklagte habe seinen geplanten und bezahlten Rückflug nach Deutschland verpasst und auch Angst vor den von der Mutter eingeleiteten Strafverfolgungsmaßnahmen empfunden, die er für rechtswidrig hielt. Frau M. habe nie gefordert, dass der Junge „Mama“ zu ihr sage, er habe es vielmehr von sich aus zuweilen vorgeschlagen.
Die Aussage des Sohnes bei der Polizei erfolgte ohne Hinzuziehung eines Kinderpsychiaters und ist daher auch gerichtsunverwertbar. Auszüge aus dieser Vernehmung betreffend das Kindermädchen Susanne wurden Frau M. in einem anonymen Brief zugeleitet. Dies kann nur seitens eines Justizbediensteten oder einer anderen Person, die Akteneinsicht hatte, geschehen sein. Frau M. rief nie bei Frau E. an, kann aber bestätigen, dass der Angeklagte sich und seinen Sohn zu seiner Genesungsreise brieflich (mit Einschreiben und Rückschein) bei Frau E. abmeldete.
KOK E. schilderte sodann Vorbereitung und Ablauf der Festnahme des Angeklagten und seines Sohnes in der Dominikanischen Republik, die Einschaltung des dortigen BKA-Verbindungsmannes und des Botschafters.
KHK J. erläuterte den Gang der Ermittlungen nach der Strafanzeige Frau E.’s am 21.10.2009, dass im Mai 2010 ein Haftbefehl ausgestellt wurde, der Angeklagte sich Geld von einer französischen Bank beschafft habe, daß ihm 2.000 € von Frau M. gezahlt wurden, der Flug mit Air Berlin von Düsseldorf nach Jamaika erfolgt sei und Frau Engl sich am 16.10.2009 zur Polizei begeben habe. Es seien aus der Akte unerklärlicherweise Bilder verschwunden.
Zum erstinstanzlichen Verfahren bekundete Richter am Amtsgericht (RAG) M., dass der Angeklagte eine Einlassung vorgetragen habe, die von seinem damaligen Verteidiger RA Sch., den der Angeklagte zu der Zeit aber bereits vollmachtlos gestellt hatte, als Geständnis bezeichnet wurde, vom Angeklagten aber als bloße Einlassung, die zudem einen anderen Wortlaut hatte. RAG M. hatte nicht den Eindruck, dass der Angeklagte unter Fremdeinfluß stand. Der Verteidiger der mitangeklagten Frau M., RA Dr. B., habe mit RA Sch. zusammen agiert. Die Frage nach einem Deal (Absprache zwischen StA und Verteidiger, die eine milde Geldstrafe gegen Geständnis vorsieht) verneinte RAG M., auch mit weiterer Erklärung durch den vorsitzenden Richter. Allein fraglich sei gewesen, ob die Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt werde. Nach dem Protokoll war die Einlassung ein Geständnis, wobei offenbleibt, mit welchem Wortlaut.
Das von An- und Nebenklage dem Gericht überreichte Mobiltelefon mit der Kurznachricht vom 16.10.2009: „wird später“ wurde der StA gegeben mit dem Auftrag, zu untersuchen, ob die Nachricht als echt angesehen werden muss oder eine Manipulation der Daten: Sender, Empfänger, Zeiten von Sendung und Empfang möglich ist.
Nächster Verhandlungstag im Fall Vater Engl ist auf Mittwoch, 30. Juli 2014 um 09:00 Uhr festgelegt.
Heiderose Manthey, Peter und Lara Hoodwinked