Interview mit Hartmut Wolters vom VAfK Köln e.V.
Fachtagungen zur Aufklärung der Professionen: Vaterlos groß gewordene Kinder leiden signifikant häufiger an psychischen Erkrankungen
2015-02-09
aktualisiert 2024-01-13
Keltern-Weiler. Köln. In den vergangenen 20 Jahren haben sich in Deutschland Gruppierungen, Vereine, Verbände und Foren gegründet, die sich vorwiegend um Elternteile kümmern, denen durch Trennung und Scheidung der Zugang zu ihren Kindern verwehrt wird. Die Gutgläubigkeit der bislang nicht Betroffenen mit der Meinung, Jugendämter und Familiengerichte würden schon das Richtige tun, stürzte jäh in ein Erwachen als immer mehr Betroffene sich meldeten, die vollkommen unbegründet den Zugang zu ihren Kindern per Urteil verwehrt und sogar gesperrt bekamen.
Zusehends und in erschreckendem Maße nahmen die Kindesentzüge, die Umgangsboykotte, die Falschbeschuldigungen und Falschgutachten besonders gegen Väter zu. Die Scheidungsindustrie brauchte ihre Opfer, um sich selbst erhalten zu können. Deutschland agiert dabei gegen die Rechte der Kinder auf beide Eltern und verstößt gegen das UN-Kinderrecht.
Aus der Väterbewegung in Deutschland nun, die sich gegen dieses Unrecht aufbäumt, ist eine Gestalt nicht wegzudenken: Hartmut Wolters.
Heiderose Manthey im Gepräch mit Hartmut Wolters.
Herr Wolters, Sie sind innerhalb der Väterbewegung in Deutschland zu einer wichtigen Person herangewachsen. Ihre weitreichenden Informationen zu Familie – Trennung – Scheidung – Kinder sind ergebnissorientiert und durchaus auch aufschreckend, was die Gangart und -richtung der BRD hinsichtlich Familie und Kinder anbelangt. Können wir Sie als einen der maßgeblichen Haupt-Vernetzer der Gesamtszene „Väteraufbruch für Kinder“ bezeichnen?
Hartmut Wolters – Pionier in der Vernetzungstätigkeit und Leiter der Selbsthilfegruppe
„Als ich mit der Vernetzung der Väterbewegung 2008 begann, gab es sowas noch nicht. Ich war ein Pionier und rannte überall offene Türen ein. Endlich mal jemand, der das in die Hand nimmt. Manche waren skeptisch, sagten, das haben schon so viele versucht. Ich antwortete, dass ich das nicht versuche, ich mache das jetzt. So reiste ich auf eigene Kosten durch die Republik und vernetzte alle möglichen Vereine und Initiativen miteinander. Das hatte mit dem Väteraufbruch nichts zu tun. Viele Vernetzungen existieren bis heute. Als ich dann aus gesundheitlichen Gründen einen Gang runter schalten musste, kamen Sie (Leiterin der ARCHE) und haben intuitiv meine Vernetzungsidee weiter geführt, ohne dass wir uns kannten. Wir sind in vielen Punkten wie Zwillingsgeschwister, haben die gleichen Gedanken und betrachten Vernetzung als Win-Win-Win Situation für alle Beteiligten. Heute bin ich Vorstand des Väteraufbruch für Kinder Kreisverein Köln e.V. und vernetze die Aktiven mit den Professionen, was auf lokaler Ebene sehr gut gelingt und auch bereits erste ansehnliche Früchte trägt.“
In Köln traf ich Sie zum ersten Mal bei der Leitung der Selbsthilfegruppe gemeinsam mit Rigo Trautmann. Besteht diese Gruppe noch und wenn ja, welches sind die Hauptanliegen der Betroffenen und welchen Weg gehen Sie mit ihnen?
Häusliche Gewalt durch die Mutter
„Die Selbsthilfegruppe des VAfK Köln trifft sich seit vielen Jahren jeden ersten und dritten Dienstag im Monat. Die Hauptanliegen der Betroffenen sind ganz allgemein Schwierigkeiten in der Kommunikation mit der Mutter des Kindes. Die Väter suchen Rat bei der Ausgestaltung des Umgangs und beim Sorgerecht. Manche Väter haben sehr wenig Umgang und wollen diesen ausdehnen, andere leben das Wechselmodell und möchten, dass dieses für die Kinder erhalten bleibt. Es kommen Väter zu uns, die ihr Sorgerecht nicht verlieren möchten oder andere Väter, die gerne am gemeinsamen Sorgerecht beteiligt werden möchten. Wir haben auch oft Fälle, bei denen die Mütter in das Frauenhaus geflüchtet sind. Da sich die Väter in den meisten Fällen nichts zu Schulden haben kommen lassen, schaffen sie es mit unserer Hilfe, ihren Umgang schnell durchzusetzen. Auch von häuslicher Gewalt betroffene Väter wenden sich an uns oder aber Väter, deren Kinder von häuslicher Gewalt durch die Mutter betroffen sind.
Sorgen und Ängste ernst nehmen
Wir begleiten die Väter emotional und praktisch auf ihrem langen Leidensweg, den sie gehen müssen, um einen guten Kontakt zu ihrem Kind zu erhalten ohne sich selbst aufzugeben. Wir sind für viele Väter die einzige Anlaufstelle, in der ihre Ängste und Sorgen ernst genommen werden. Für Mitglieder bieten wir auch Begleitung zu den Ämtern und Behörden an.“
Innerhalb der Väterszene bekannt geworden sind die Kongresse, die der VAfK Köln einmal im Jahr ausrichtet. Welches Anliegen verfolgen Sie damit?
Fachtagungen zur Aufklärung der Professionen: Vaterlos groß gewordene Kinder leiden signifikant häufiger an psychischen Erkrankungen
„Die Fachtagung, die einmal jährlich stattfindet, richtet sich an das Fachpersonal aus Jugendämtern, Beratungsstellen und anderen Verfahrensbeteiligten wie Richter, Rechtsanwälte, Umgangspfleger, Verfahrensbeistand, Gutachter, Kinderärzte und –psychologen und andere. Wir schließen eine Lücke, die in der Fortbildung für Fachkräfte existiert. Niemand außer uns bietet fachliche Fortbildung an, die den Wert der Väter nach Trennung und Scheidung vermittelt. Vaterlos groß gewordene Kinder leiden signifikant häufiger an psychischen Erkrankungen als Kinder, die ihren Vater regelmäßig sehen. Wir möchten den Fachkräften wissenschaftliche Informationen vermitteln, die einerseits aufklären darüber, wie die Wissenschaft die Rolle des Vaters sieht, und andererseits Lösungen aufzeigt, wie die Fachkräfte es schaffen, beide Eltern einzubeziehen.“
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Vor einigen Monaten fand in Karlsruhe der erste Vernetzungskongress der Väterbewegung statt. Eingeladen hatte dazu der 1. Vorsitzende des VAfK Karlsruhe e.V., Herr Franzjörg Krieg, allerdings als Privatperson. Welche Rolle spielten Sie in dem bislang einzigartigen Vorhaben, die Väterbewegung erstmal deutschlandweit zu vernetzen?
Vernetzungskongress der Väterbewegung – Kompetente und schlagkräftige Institution
„Ich hatte ja die deutschlandweite Vernetzung bereits 2008 begonnen, bin durch Deutschland gereist und habe die Vereine zusammen gebracht. Das war eine sehr belebende Arbeit, weil ich von überall Zuspruch bekam. Natürlich gibt es auch Vereine, die sich nicht vernetzen möchten, das ist auch in Ordnung. Aber die meisten sind dankbar dafür mit anderen Vereinen und Gruppierungen zusammen zu kommen und stellen dabei fest, dass wir alle die gleichen Erfahrungen mit Rechtsanwälten, Jugendämtern und Gerichten machen. Der Austausch über die gemeinsame Arbeit wirkt wie eine Supervision. Jeder hat seine Stärken entwickelt, aber auch seine Defizite. Der eine findet ein Thema unlösbar, der andere wendet bereits Lösungen erfolgreich an. Mir macht es sehr viel Spaß zu beobachten und zu begleiten, wie die Szene immer kompetenter und schlagkräftiger wird.“
Welches waren die entscheidenden Impulse, die vom Vernetzungskongress in Karlsruhe ausgingen? Haben Sie dadurch mehr kompetente Mitstreiter für Ihr Vernetzungsmodell erhalten, wurde die Durchschlagskraft für den Erhalt von Vater und Mutter nach Trennung und Scheidung erhöht?
Väterbewegung besteht aus Menschen, die um ihre Kinder kämpfen müssen und Angst haben, diese zu verlieren
„Ich denke, für entscheidende Impulse ist die Zeit noch nicht reif. Die Väterbewegung besteht überwiegend aus Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, weil sie um ihre Kinder kämpfen müssen. Jedesmal, wenn es neue Belastungen gibt, knicken diese Menschen ein und können sich vorübergehend nicht engagieren, weil sie Angst haben ihre Kinder zu verlieren. Deswegen muss man in der Väterbewegung viel Geduld haben. Auf dem Vernetzungskongress haben sich einige Kontakte intensiviert, viele Personen und Gruppierungen, die bereits im Austausch waren, sind sich dort zum ersten Mal persönlich begegnet. Wenn Franzjörg (gemeint ist Franzjörg Krieg) es schafft, diesen Vernetzungskongress zu einer Institution werden zu lassen, dann werden die entscheidenden Impulse nicht lange auf sich warten lassen.“
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Wie lauten die Hauptforderungen des VAfK Köln für ein gesundes Aufwachsen der Kinder und welcher Weg ist für Sie derjenige, der zum Erfolg führen wird?
Eltern sind die Personen, von denen das Kind genetisch abstammt
„Unsere Hauptforderung lautet: ’Allen Kindern beide Eltern’. Dazu muss aber erst mal richtig gestellt werden, wer die Eltern eines Kindes im Moment sind. Im Moment ist Vater derjenige, der zuerst ins Standesamt rennt und die Vaterschaft anerkennt oder derjenige, der mit der Mutter verheiratet ist. Richtig müsste es in den §§ 1591, 1592, 1594 und 1626a BGB heißen: ‚Eltern sind diejenigen Personen, von denen das Kind genetisch abstammt. Diese Personen teilen sich das Sorgerecht von der Zeugung an.‘
Das Recht auf gemeinsame Sorge entspringt dem Grundrecht auf Pflege und Erziehung durch die Eltern (Art. 6 GG). Es ist ein natürliches Recht, also von der Natur gegeben. Ein Naturrecht können die Eltern nicht durch eine Vereinbarung aufgeben oder weil ein Elternteil dies bei Gericht beantragt. Daher muss der § 1671 BGB abgeschafft werden. Im Falle der Kindeswohlgefährdung sehen die Dinge anders aus, denn dann geht es um das Wohlergehen des Kindes. Der dafür vorgesehene § 1666 BGB reicht für solche Fälle aus.
Männerquote in der zweiten Erziehungsinstanz einführen
Wir fordern auch mehr Väterarbeit in den Kommunen und Väterberatungsstellen. Sinnvoll wäre auch eine Männerquote in Kindergärten und Grundschulen, denn dort arbeiten überwiegend Frauen, so dass Trennungskinder, die bei der Mutter wohnen, oft die ersten 10 Jahre überhaupt keinen Mann zu Gesicht bekommen.
Umgangsboykott als Straftatbestand
Umgangsvereitelung und/oder -erschwerung sollte als Missbrauch angesehen werden oder wie in Brasilien als Straftatbestand. Bei massiven Handlungen in dieser Richtung ist die Erziehungsfähigkeit zu hinterfragen. Ähnlich wie beim Schulrecht und im Gewaltschutz muss es für einen Vater möglich sein, das Umgangsrecht des Kindes unmittelbar, also zum Zeitpunkt der Tat, durchsetzen oder sanktionieren zu können. Das ist aber derzeit nicht der Fall, sondern erst, wenn der Vater einen Umgangsbeschluss mit Ordnungsgeldandrohung hat.
Wechselmodell nach belgischem Vorbild
Kinder wünschen sich nach der Trennung, dass sie beide Eltern zu gleichen Teilen behalten. Entsprechend dem belgischen Vorbild sollten Eltern zum Zeitpunkt der Trennung solange das Wechselmodell leben müssen, bis sie eine eigene, individuelle Regelung für das Kind getroffen haben oder wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Auch hierfür reichen die Regelungen in den §§ 1666, 1666a BGB aus.
Düsseldorfer Tabelle veraltet – Neues Vaterbild
Das Vorgehen nach der Düsseldorfer Tabelle entspricht nicht mehr modernen Vorstellungen von Kinderbetreuung. Wir haben einen Vater im Verein, dem wurde vom Jugendamt mitgeteilt, dass sein Betreuungsverhältnis 43:57 % steht, der Lebensmittelpunkt damit bei der Mutter anzusehen ist und er in voller Höhe zum Barunterhalt verpflichtet ist. Pflege und Erziehung des Kindes ist aber auch eine gesetzlich festgelegte Form des Unterhalts. Dies muss bei der Barunterhaltsverpflichtung berücksichtigt werden, um eine Doppelbelastung von engagierten Vätern zu vermeiden. Ein anderer Vater ist in die Nähe der Kinder umgezogen und bringt die Fahrtkosten zur Arbeit zum Abzug. Er wurde aufgefordert, in die Nähe der Arbeitsstätte umzuziehen, um mehr Unterhalt zahlen zu können. Dem veränderten Väterbild und dem gesellschaftlich gewünschten Engagement wird dies nicht gerecht.
Forderung nach Männerhäusern: 87 % der häuslichen Gewalt gehen von Frauen aus
Es gibt ebenso viele von häuslicher Gewalt betroffene Männer wie Frauen. Es gibt eine Studie, die spricht sogar davon, dass 87 % der häuslichen Gewalt von der Frau ausgeht. Neben den Frauenhäusern brauchen wir auch Männerhäuser, denn von Gewalt durch die Mutter bedrohte Kinder und Väter sind diesem derzeit schutzlos ausgeliefert.
Ende der Väterdiskriminierung: Ideologien der Richter aufdecken
Väter werden in Deutschland systematisch diskriminiert. Um dies aufzudecken, wäre es sinnvoll, wenn Familiengerichte ihre Entscheidungen statistisch einmal im Jahr veröffentlichen müssten. So würde es möglich werden, zwischen den einzelnen Gerichten zu vergleichen und zu überprüfen, ob Richter ihren Ideologien folgen oder im Interesse der Kinder entscheiden. Wir brauchen mehr Transparenz über Entscheidungen in Familiensachen.
Abhängigkeit der beigeordneten Professionen von Gerichten
Verfahrensbeistände, Umgangspfleger und Sachverständige müssen von einer unabhängigen Institution ausgewählt werden. So lange die Richter diesen die Aufträge erteilen, wird kein Verfahrenbeteiligter ein Rechtsmittel gegen den Willen des Richters einlegen. Sonst war es der letzte Auftrag an diesem Gericht.
Fachaufsicht für Jugendämter
Dies sind nur einige mögliche Lösungen, das Beste für das Kind zu erreichen und die Schräglage zwischen Vätern und Müttern etwas zu bereinigen und mehr Objektivität und Sachlichkeit in die Familienhilfe zu bekommen. Eine Verfahrensbeiständin antwortete kürzlich auf die Frage, nach welchen fachlichen Gesichtspunkten sie ihre Stellungnahme schriebe, sie würde das nach dem Bauchgefühl machen. Eine solche Grundhaltung hat im Familienrecht nichts zu suchen. Um solche Fehlhaltungen zu vermeiden wird auch oft eine Fachaufsicht für Jugendämter gefordert. Diese Forderung unterstützen wir ebenfalls.“
Mehr Informationen über den VAfK Köln e.V., zu Beratung und Unterstützung
Gutachtern werden häufig Tendenzen vorgegeben
Das Kind fühlt Zeiträume anders als die deutschen Jugendämter es wissen.