Zwei Jahre Haft auf Bewährung für den Vater
Urteilsspruch über den 39-Jährigen Bautechniker und Vater einer 4-jährigen Tochter Daniel G.
2014-12-01
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DER HINTERGRUND
Daniel G. war mit seiner Tochter in die Schweiz geflohen, nachdem er sie seiner schwangeren Ex-Lebensgefährtin – laut Urteil – der Frau auf offener Straße entrissen habe. Das alleinige Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht lag bei der Mutter.
Der Vater durfte die Untersuchungshaft unter strengen Auflagen verlassen. Sehen darf er seine Tochter nach Antrag beim Jugendamt.
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Rechtsanwalt Kaiser kommentiert den 3. Sitzungstag
Landshut-Nürnberg. In dem Prozess um die Entziehung eines 4-jährigen Kindes in Nürnberg wurde am gestrigen Donnerstag die Mutter des entzogenen Kindes vernommen, die als Nebenklägerin an dem Prozess gegen den 39-jährigen Bautechniker beteilgt ist.
Prozessbeteiligte stellten während der Einvernahme der Frau fest, es gelänge der Verteidigung sicherlich nicht, das “Opfer hier zum Täter” zu stilisieren. Als die Verteidigung dann ihre möglicherweise immer noch vorhandene psychische Krankheit zum Thema ihrer Vernehmung machen wollte, tönte der Nebenklägervertreter, die Mutter bräuchte jedenfalls solche Fragen nicht beantworten, die ihren innersten Lebensbereich beträfen.
Der Verteidiger bemerkte gegenüber seinem Mandanten, dies sei so sicherlich nicht zutreffend. Noch vor der Vernehmung der Mutter des Kindes erklärte die Vorsitzende Richterin, die Zeugin habe schließlich kein Zeugnisverweigerungsrecht und müsse die Fragen richtig beantworten. Gleichwohl forderte sie die Zeugin ganz bewusst während ihrer späteren Vernehmung nicht dazu auf, die Fragen der Verteidigung, die bereits gestellt waren und offen im Raum standen, wahrheitsgemäß zu beantworten.
In Absatz 1 des § 52 der Strafprozessordnung werden Zeugnisverweigerungsrechte von Angehörigen eines Angeklagten geregelt. Die Zeugin ist allerdings keine Angehörige des Angeklagten. Aus diesem Grunde stand ihr ein solches Zeugnisverweigerungsrecht jedenfalls nicht zu.
Im Übrigen regelt Absatz 2 dieser Vorschrift folgendes: “Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt.”
Nun beharren Nebenklage und Gericht ja geradezu darauf, dass die Zeugin überhaupt keine psychische Krankheit (mehr) hat. Und unter Betreuung steht sie gewiss auch nicht. Also besteht in dieser Hinsicht gleichfalls kein Zeugnisverweigerungsrecht.
Das Gericht hat es somit ganz bewusst zum Nachteil des Angeklagten geduldet, dass die Zeugin solche Fragen nicht beantwortete, die sie möglicherweise dem Prozessbeobachter als für die Sorge des Kindes ungeeignetere Mutter im Vergleich zum psychisch gesunden Vater erscheinen ließen.
Nun “rechtfertigte” der Angeklagte aber gerade seine Tat damit, dass er -für viele nachvollziehbar- befürchtete, das Kind sei wegen der seelischen Erkrankung der Mutter und der (mglw. ehemaligen) Heroinabhängigkeit des anderen männlichen Erziehers bei ihm jedenfalls besser aufgehoben, als bei der behandlungsbedürftigen Mutter.
Somit hat es das Gericht der Verteidigung aus diesseitiger Sicht deutlich gesetzeswidrig verwehrt, die Krankheit der Mutter überhaupt zum Thema der Zeugeneinvernahme zu machen. Im Übrigen wurden vom Nebenklägervertreter die die Mutter behandelnden Ärzte auch nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbunden.
Das Gericht hätte, um die Krankheit der Mutter dennoch zum Gegenstand der Vernehmung machen zu können, die Öffentlichkeit ausschließen müssen, anstatt eine solche Vernehmung über die Krankheitsproblematik sehenden Auges absichtlich zu verhindern. Aber auch hierauf hat das Gericht, nach Auffassung mehrerer Prozessbeobachter, ganz bewusst verzichtet.
Jemandem zum deutlichen Nachteil eines Beteiligten ein Zeugnisverweigerungsrecht zuzugestehen, das es nicht gibt, stellt aus Sicht der Verteidigung einen eklatanten Rechtsverstoß dar.
In der Sache selbst hat sich der Angeklagte gestern trotz der Differenzen gegenüber der Mutter seiner Tochter bei beiden für die Tat entschuldigt und seiner Tochter, die er sehr lieb habe, herzlich Grüße ausrichten lassen. Dass er sein Bedauern ernst meinte, haben bereits die echten Tränen in seinen Augen beteuert.
Der Angeklagte stand vor seiner Entschuldigung auf, drehte sich zum Zuschauerraum um und entschuldigte sich mit leiser zittriger Stimme, aber herzlichen Worten bei der Mutter des Kindes und der gemeinsamen Tochter. Auf die Frage der Richterin, ob er so etwas noch einmal machen würde, erwiderte Daniel G. nach einer kurzen Pause, wie er das denn nachweisen könne.
Der weitere Prozessverlauf bestimmt das Vorgehen der Verteidigung.
Bildergalerie MEMORIUM
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Text mit freundlicher Genehmigung von Rechtsanwalt Maximilian Kaiser