Leserbrief zum Artikel der Süddeutschen Zeitung: „Wie wir unsere Kinder retten können“

Jugendämter in Deutschland  Wie wir unsere Kinder retten können

2014-12-30
aktualisiert 2023-11-06

von Andrea Jacob

Andrea Jacob.   Psychologin MA, EILLM & M. A. Bundelkhand  University Psychologin für klinische, neuropsychologische, pädagogische, kriminalistische und forensische Psychologie. Doctor of Philosophy, Bundelkhand University

Andrea Jacob. Psychologin MA, EILLM & M. A. Bundelkhand University. Psychologin für klinische, neuropsychologische, pädagogische, kriminalistische und forensische Psychologie. Doctor of Philosophy, Bundelkhand University. Foto: Heiderose Manthey.

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Gießen/Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Recht in seinen jüngsten Entscheidungen bemängelt, dass Jugendämter zu früh und zu forsch eingreifen, dass Sachverständigengutachten oft nicht einmal verfassungsgemäß sind und dass Großeltern bei Inobhutnahmen ihrer Enkelkinder viel zu oft übergangen werden und Kinder ohne Not fremd untergebracht werden.

Im Fall Kevin verhielt es sich nicht so, dass er im väterlichen Haushalt tot aufgefunden wurde, sondern es handelte sich um den ehemaligen Lebensgefährten von Kevins verstorbener Mutter und nicht um seinen leiblichen und rechtlichen Vater. Dabei ist hervorzuheben, dass sowohl Kevins Mutter als auch deren Lebensgefährten drogenabhängig und die Hilfen des Bremer Jugendamts offenkundig unzulänglich waren, wie es oft der Fall ist.

Das Bremer Jugendamt ist bereits durch den Fall der Kinder von Prof. Dr. Christidis als leichtfertig und nachlässig aufgefallen, denn seine geschiedene Frau hat die Kinder ohne hinreichenden Grund beschneiden lassen, weil dies die Lust für Frauen steigere. Das Wohl der beiden Söhne blieb dabei völlig unberücksichtigt. Das Jugendamt Bremen sah keinen Grund einzugreifen. Das Bremer Familiengericht hat Prof. Christidis zwei Jahre Umgangsausschluss verhängt, weil er die Genitalverstümmelung seiner Kinder nicht hinnehmen wollte.

In einem anderen Fall verbrachte das Bremer Jugendamt ein Baby aus der völlig intakten Familie seiner Großeltern Sabine und Rüdiger O. in eine Fremdunterbringung, weil seine Mutter unter einer psychischen Störung leidet. Die Großeltern, pensionierte Lehrer, waren jedoch bereit und fähig zusammen mit ihrem Sohn Florian O., dem Vater des Kindes, die Betreuung des Babys zu übernehmen. Eine leitende Figur dieses Jugendamts, Herr Peter, plädiert indessen offen auf Facebook für die Fremdunterbringung von Kindern. In Kürze soll er das Beschwerdemanagement des Amtes übernehmen. Im Volksmund würde man sagen, das macht man den Bock zum Gärtner.

Allein bei diesen drei voneinander unabhängigen Fällen kann man im Grunde nicht nur von mangelnder Ausbildung, Unterfinanzierung oder mangelnder Kontrolle sprechen, sondern man muss schon von erheblicher Selbstüberschätzung des gesamten Familienrechtssystems sprechen. Denn die vorgenannten „Fälle“ wurden alle vom Bremer Familiengericht mitgetragen und Großteils vom Oberlandesgericht abgesegnet. Die Gerichte haben die Pflicht die Sachverhalte adäquat zu ermitteln und unterlassen das nur allzu oft in grenzenloser Machtausübung und Selbstüberschätzung.

Wenn man beim Vorgehen von Jugendämtern von den vorgenannten Mängeln ausginge, müsste man dann im Zirkelschluss davon ausgehen, dass es auch den Richtern an hinreichender Qualifikation, Bildung und Kontrolle fehlt, denn alle relevanten oder angegriffenen Entscheidungen der Jugendämter müssen immer vom Gericht falsifiziert oder verifiziert werden.

Prof. Dr. Ludwig Salgo. Ehemaliger Professor für Familien- und Jugendrecht an der Fachhochschule Frankfurt.

Prof. Dr. Ludwig Salgo. Ehemaliger Professor für Familien- und Jugendrecht an der Fachhochschule Frankfurt. Foto: Heiderose Manthey.

Ludwig Salgo hat zwar Recht, wenn er meint, den schwarzen Peter den Jugendämtern zuzuschreiben sei zu kurz gegriffen, auch hat er damit Recht, wenn er sagt, der Fehler liege im System. Jedoch geht es nicht allein um Überbelastung und um Unterfinanzierung sowie um fehlende Kontrolle und mangelhafte Ausbildung der Jugendämter sondern vielmehr um schlecht qualifizierte, machtbesessene, arrogante, überbelastete Familien- und Betreuungsrichter ohne hinreichende Kontrolle.

Familienhilfen dürfen glücklicherweise nur von Verwaltungsgerichten angeordnet werden. Denn es scheint, dass zumindest Verwaltungsrichter im Großen und Ganzen eine qualifizierte Ausbildung haben, die man allzu oft bei Familienrichtern vermisst.

Eigene Grundrechte für Kinder sind völlig unsinnig, denn die sind bereits in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben und das Grundgesetz ist bereits eine Schatzgrube. Das gilt allerdings nur, wenn die bereits geltenden Gesetze gerade von Richtern, Jugendamtsmitarbeitern und Sachverständigen auch eingehalten werden.

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Andrea Jacob

Psychologin MA, EILLM & M. A. Bundelkhand University
Psychologin für klinische, neuropsychologische, pädagogische, kriminalistische und forensische Psychologie
Doctor of Philosophy, Bundelkhand University