„Narkoseärztin“ mit gefälschter Approbationsurkunde gibt im Lebenslauf wahrheitswidrig an, erfolgreich Medizin studiert zu haben
BGH hebt Schuldspruch auf, soweit die Angeklagte in drei Fällen wegen Mordes und in dreizehn Fällen wegen versuchten Mordes verurteilt worden ist
2024-02-20
aktualisiert 2024-02-23
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Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH) macht in seiner Pressemitteilung Nr. 032/2024 vom 20. Februar 2024 das Urteil vom 20. Februar 2024 – unter Aktenzeichen 2 StR 468/22 geführt – der Öffentlichkeit bekannt.
In der Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofes heißt es wörtlich: „Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom heutigen Tag auf die Revision der Angeklagten ein Urteil des Landgerichts Kassel vom 25. Mai 2022 unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes wegen sachlich-rechtlicher Fehler teilweise aufgehoben.
Nach den Feststellungen des Landgerichts war die heute 53-jährige Angeklagte, die keine approbierte Ärztin ist, ab Ende 2015 in einem Krankenhaus als Ärztin tätig. Sie hatte sich dort unter Vorlage einer gefälschten Approbationsurkunde und eines unrichtigen Lebenslaufs beworben. In diesem Lebenslauf hatte sie wahrheitswidrig angegeben, erfolgreich Medizin studiert zu haben. In der Folge arbeitete die Angeklagte zunächst in der Inneren Abteilung, bevor sie zwischen März 2016 und November 2017 in die Anästhesie wechselte. Dort war sie bei Operationen in einer Vielzahl von Fällen als Narkoseärztin eingesetzt. Die dabei von ihr begangenen Fehler sind Grundlage der ihr angelasteten Körperverletzungs- und Tötungsdelikte.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in drei Fällen, versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in zehn Fällen, gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln in drei Fällen, Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Missbrauch von Berufsbezeichnungen in zwei Fällen sowie wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen in vier Fällen zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen.
Das landgerichtliche Urteil hielt der revisionrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand. Der Bundesgerichtshof hat den Schuldspruch aufgehoben, soweit die Angeklagte in drei Fällen wegen Mordes und in dreizehn Fällen wegen versuchten Mordes verurteilt worden ist. Das Landgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass die hier gegebene objektive Gefährlichkeit der Tathandlung wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Tötungsvorsatzes ist. Es hat aber weder in allen Fällen eine tatzeitbezogene Prüfung des Tötungsvorsatzes durchgeführt noch vorsatzkritische Umstände, die sich aus dem Verhalten der Angeklagten bei den durchgeführten Operationen und ihrer Persönlichkeitsstruktur ergaben, hinreichend in den Blick genommen.
Die Aufhebung der Einzelstrafen in dreizehn Fällen entzieht sowohl dem Gesamtstrafenausspruch als auch der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld die Grundlage. Der Bundesgerichtshof hat das landgerichtliche Urteil insoweit aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die Feststellungen zum objektiven Kerngeschehen der einzelnen Taten (Narkosebehandlung der Angeklagten während der Operationen) konnten bestehen bleiben. Die die subjektive Tatseite mittragenden Feststellungen zur Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten und zu ihren Verhaltensauffälligkeiten hat der Bundesgerichtshof dagegen mit aufgehoben. Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird insofern umfassende neue und in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen haben. Einen Fehler des landgerichtlichen Urteils bei der konkurrenzrechtlichen Behandlung des Missbrauchs von Titel und Berufungsbezeichnungen hat der Bundesgerichtshof selbst korrigiert und die Einziehungsentscheidung klargestellt.“
Das vorinstanzliche Urteil erließ das Landgericht (LG) Kassel vom 25. Mai 2022 unter Aktenzeichen 6 Ks 1622 Js 24089/19.
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