aus der Reihe Fabeln, Geschichten und so’n Zeug
DIE SCHNECKE UND DIE GIESSKANNE
Fabel von Heiderose Manthey
2016-05-17
Es war einmal eine Schnecke, die wollte nicht weitergehen. Sie stand und stand und stand.
Im Grunde konnte sie gar nicht weitergehen. Und deswegen stand sie und stand und stand.
Nur die Gießkanne hätte sie zum Weitergehen bewegen können.
Die aber goss fleißig viele andere Kräuter, Pflanzen und Blumen und besonders eine Blume, an der die Schnecke gar keinen Gefallen finden konnte. Hätte diese Blume einen besonderen Duft abgegeben, hätte die Schnecke sie ja fressen können, aber noch nicht mal das tat diese Blume.
Sie ist einfach nur sinnesleer, wusste die Schnecke, und sie braucht das Wasser von außen, damit sie überhaupt leben kann.
„Sie ist abhängig und du, Gießkanne, unterstützt diese Abhängigkeit. Immer noch. Und immer noch und immer noch. Anstatt dass du mit deinen Gießversuchen aufhörst und sie ihrem Schicksal überlässt.
Der Gießkanne war das Gesagte nicht so recht, sie fühlte sich irgendwo ertappt, aber sie wollte, dass die Schnecke vorwärts gehen solle.
„Wie kann ich laufen, wenn du das Wasser, das ich gerne gehabt hätte zu unser beider Glück, einer Blume gibst, die ich nicht mag ? Ist dir denn unser gemeinsames Glück so wenig wert ?
Wie kann ich laufen, wenn du nicht weißt, dass diese Blume dich nötigt, ihr dein Kostbarstes zu geben und du dies dann auch noch tust ? Hast du denn keine Ehrfurcht vor dir selbst ?
Wie kann ich laufen, wenn du nicht weißt, dass diese Blume von jeder beliebigen Kanne Wasser nehmen würde, auch von drei oder vier Kannen auf einmal ? Bist du dir deiner selbst so wenig bewusst ?
Wie kann ich laufen, wenn du meinst, das spiele alles keine Rolle ?
Für mich schon. Für mich ist dies entscheidend.
Lieber bleibe ich stehen und spare meine kostbare Kraft, als dass ich mich auch nur einen Millimeter bewegte, bevor du nicht verstanden hast, wie sehr du mich mit deiner spendablen Helferart für x-beliebige Kräuter, Pflanzen und Blumen missachtet hast.“