Der Kommentar

Zu BVerfG: Mangelhaftes Gutachten rechtfertigt keinen Sorgerechtsentzug

von Klaus Ketterer EfKiR Eltern für Kinder im Revier
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2014-12-06
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Klaus Ketterer. Aktivist im EfKiR Eltern für Kinder im Revier.

Klaus Ketterer. Aktivist im EfKiR Eltern für Kinder im Revier.

1. Die Entscheidung erging in einer für unser BVerfG erstaunlich kurzen Zeit nach der form- und fristgerechten Einreichung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer. Dies war einerseits möglich, weil alle zugrunde liegenden verfassungsrechtlichen Fragen bereits in anderen Verfahren durch das BVerfG geklärt wurden, und damit die die Annahme der Verfassungsbeschwerde prüfende Kammer aus drei Richtern gem. §§ 93b, 93c BVerfGG die Verfassungsbeschwerde annehmen und ihr sogleich stattgeben konnte.

Dass die Begründetheit der Verfassungsbeschwerde nahelag, muss für die Verfassungsrichter offensichtlich gewesen sein, da die Sachverständige die Erziehungseignung des Vaters an einem relativ starren, eher konservativ geprägten Erziehungsleitbild bemessen hatte und daraus schlussfolgerte, der Vater sei nicht erziehungsgeeignet.

Sie ignorierte die grundsätzliche Freiheit der Eltern, die Kinder nach ihrem persönlichen Gusto zu erziehen, solange sie damit den Kindern nicht in einer solchen Weise Schaden zufügen, dass ein Eingriff des staatlichen Wächters verhältnismäßig und angemessen wäre. Diese offensichtlich ideologische Voreingenommenheit der Sachverständigen in Erziehungsfragen musste den Verfassungsrichtern geradezu ins Auge springen. Umso beschämender für die Vorgerichte (FamG Paderborn, OLG Hamm), dass diese Sachverständige auch noch kritiklos über den Klee gelobt wurde, mit dem Hinweis auf ihre „gute“ Arbeit in der Vergangenheit. Möglicherweise bestand und besteht die „Qualität“ dieser Sachverständigen gerade darin, den Gerichten die gewünschten und erwarteten Ergebnisse zu liefern …! Man darf sich zurecht fragen, wieviele Elternteile in der Vergangenheit durch die Zuarbeit dieser Sachverständigen „entsorgt“ wurden!

BVerG. Bundesverfassungsgericht Karlsruhe.

BVerG. Bundesverfassungsgericht Karlsruhe.

2. Dem die Verfassungsbeschwerde führenden Vater kam zugute, dass die Mutter des Kindes wegen ihrer psychischen Erkrankung von vornherein als Sorgerechtsträgerin ausschied. Denn damit wurde die Beseitigung des väterlichen Sorgerechts gemäß Art.6 Abs.3 GG für das Kind zu einer „Trennung von der Familie“ (also von Mutter und Vater).

Ein solch schwerwiegender Eingriff erfordert nach Art.6 Abs.3 GG (auf Basis der §§ 1666, 1666a BGB) eine besonders schwere Beeinträchtigung des Kindeswohls, die hier weder gegeben noch zwingend vorhersehbar war. Wäre die (vermutlich deutsche) Mutter des afrikanisch-stämmigen Vaters uneingeschränkt erziehungsfähig gewesen, hätten die Gerichte sehr wahrscheinlich als Prüfungsmaßstab den § 1671 BGB herangezogen. Im Lichte dieses Gesetzes hätte es den Gerichten wahrscheinlich ausgereicht (angesichts der Unsicherheiten auf der Seite des Vaters), wegen der dann wohl günstigeren Kindeswohlprognose bei der Mutter, dem Vater das Sorgerecht nach § 1671 Abs.2 Nr.2 BGB zu entziehen. In diesem Fall wäre vermutlich die Verfassungsbeschwerde des Vaters durch Nichtannahme gescheitert. Ich persönlich halte den § 1671 BGB aus einer Vielzahl von Gründen für verfassungs- und völkerrechtswidrig.

ARCHE-Foto Keltern-Weiler Karlsruhe Vernetzungskongress VAfK KA Essen EfKiR Eltern für Kinder im Revier_12Es besteht also wenig Grund für entsorgte Väter, sich über diese Entscheidung des BVerfG zu freuen, denn eine Konstellation wie in diesem Fall vorgegeben (Mutter objektiv nicht erziehungsgeeignet, Sachverständige ideolgisch voreingenommen), werden nur wenige betroffene Väter für sich geltend machen können. Diese Väter können sich daher im Falle eigener Verfassungsbeschwerden nicht auf die hier vorliegende BVerfGE stützen, sondern müssten im Kern die Verfassungswidrigkeit des § 1671 BGB rügen.

Eine stattgebende Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes kann der 1. Senat des BVerfG aber nur in Volbesetzung (8 Richter) treffen. Mit entsprechend sehr viel längeren Bearbeitungszeiten solcher Verfassungsbeschwerden muss gerechnet werden.